Schatz kommt by Golan Shammai

Schatz kommt by Golan Shammai

Autor:Golan, Shammai [Golan, Shammai]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3860422316
Herausgeber: Alibaba Verlag GmbH, Frankfurt am Main
veröffentlicht: 1997-10-20T22:00:00+00:00


An dem Tag, als sie die Statue Ja’els im Garten aufstellten, hatte Vogel sogar Zigarettentabak um sie ausgebreitet. Abends streute er das, was er tagsüber gesammelt hatte, um ihr Bildnis herum aus, um es morgens, bevor Hof und Garten gekehrt wurden, wieder einzusammeln. Den ganzen Tag arbeitete er zu Ja’els Füßen, doch er hob nie den Kopf, um sie anzuschauen. Wie in seiner Hütte, als sie im Eingang gesessen hatte. Oft stand er neben der Holzbank beim Goldfischteich, in dem sich bei Tag Ja’els Bildnis spiegelte und nachts die Sterne schwammen. Er hätte auch nachts Ja’els Gestalt sehen können, denn ihre Eltern waren bereit, eine Beleuchtung zu bezahlen. Ihr Vater war Elektriker, und nach Ja’els Tod hatte er, zusammen mit seiner Frau, den Kibbuz verlassen. Er könne nicht an einem Ort leben, wo er auf Schritt und Tritt an Ja’el erinnert werde, hatte er gesagt.

Vogel jedoch widersetzte sich einer Beleuchtung, und er war der Herr des Gartens. Wenn er bei Dunkelheit in den Teich schaute, bewegte er lautlos die Lippen, so wie er mit ihr gesprochen hatte, als sie noch lebte, und das Wasser antwortete ihm mit leichtem Wellengekräusel.

»Der Verrückte ist an allem schuld«, sagte Ja’els Vater, als er zur feierlichen Enthüllung der Statue kam, und seine kleine, gedrungene Frau lehnte sich an ihn und nickte zustimmend. Aber der Arzt im Krankenhaus sagte, Ja’el sei an einem geheimnisvollen Leberleiden gestorben.

Bei der Beerdigung hatte ihr Vater sich böse nach Vogel umgeschaut, doch dieser war nicht erschienen. Viele suchten ihn mit den Augen und konnten ihn nicht finden. Er war von dem Moment an, als man sie ins Krankenhaus gebracht hatte, verschwunden. Alle hatten sich vor dem Clubraum versammelt, Männer hatten den Sarg schon auf ihre Schultern gehoben, doch Vogel tauchte nicht auf. Mit gemessenen Schritten gingen sie den Sandweg vom Clubraum zum Friedhofstor. Eine dumpfe Furcht schlich sich in Amnons Herz, als er Vogel nirgendwo entdecken konnte.

»Er ist nicht da«, sagte er zu Michal.

»Wer?« fragte sie widerwillig. Und dann: »Es ist heiß heute.«

»Ja«, bestätigte er mürrisch, denn er ärgerte sich darüber, daß ihm Sand in die Halbschuhe kam und an seinen Zehen rieb. Er hätte Sandalen anziehen sollen, wie Benzi. Ja’el zu Ehren hatte er Halbschuhe angezogen, obwohl er ihr eigentlich nichts schuldete.

»Hätte man ihn nicht näher machen können?« sagte Michal.

»Wen?« fragte Amnon. Er verstand nicht, was sie meinte, weil er mit seinen Schuhen beschäftigt war.

»Den Friedhof«, sagte sie und lächelte, so daß die Grübchen in ihren Wangen tiefer wurden.

Er liebte es, die Handflächen auf ihren vollen, leicht geöffneten Lippen, ihre Grübchen mit den Fingerspitzen zu berühren. »Die Grübchen«, sagte er.

»Am Abend«, versprach sie leise.

Sie trug ihre hellblaue kurze Hose, die mit Gummizügen ihre braunen Schenkel umschloß. Sie war aus der Baumschule gekommen, als der Gong ertönte, trotzdem hatte sie ihre dünne, buntbestickte Bluse an. Kleine Schweißperlen liefen ihr über die rosigen Wangen und sammelten sich unter ihrem Kinn. Amnon hätte gerne ihren weißen, gespannten Nacken berührt, doch er widerstand dem Impuls und sagte nur leise: »Im Garten.« Dabei spürte er Scham wegen der Leidenschaft in seiner Stimme.



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